Fremdfirmen auf dem Betriebsgelände - eine oft unterschätzte Gefahr
Unternehmen, die den betrieblichen Umweltschutz ernst nehmen insbesondere Unternehmen, die ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem installiert haben, berücksichtigen nicht nur die Umweltauswirkungen, die von ihren Tätigkeiten, Produkten und Dienstleistungen ausgehen, sondern achten generell darauf, dass von ihrem gesamten Betriebsstandort Beeinträchtigung der Umwelt verhindert oder zumindest minimiert werden.
Um dies zu gewährleisten, müssen auch Vertragspartner (Fremdfirmen), die auf Betriebsgelände tätig werden, in das Umweltmanagementsystem eingebunden werden. Vertragspartner in diesem Sinne sind z.B. Reinigungsfirmen, Wartungsunternehmen, Handwerksbetriebe, Hoch- und Tiefbauunternehmen.
Durch die Art und Weise wie die Vertragspartner ihre Dienstleistung ausüben, haben sie einen mitunter nicht unerheblichen Anteil an den Umweltauswirkungen, die vom Betriebsgelände des betrachteten Unternehmens ausgehen. Die Kosten bei einem eingetretenen Schaden (z.B. Unfall, Leckage, Brand) können trotz Versicherungsschutz sehr hoch sein.
Ein weiterer Faktor, den es zu berücksichtigen gilt, liegt in der negativen Publizistik, wenn es tatsächlich zu einem Schadensfall auf dem Betriebsgelände kommt. Auch wenn der Schaden durch eine Fremdfirma verursacht wurde, wird im Gedächtnis der Zeitungsleser der Eigner des Betriebsgeländes als der Verursacher hängen bleiben. Die Folge wird sein: das Image des Unternehmens wird stark in Mitleidenschaft gezogen. Es ist deshalb in ihrem ureigensten Sinne, wenn Unternehmen ihre Vertragspartner verstärkt in die Pflicht nehmen. Sie setzen damit auch Forderungen bzw. Empfehlungen von (Rechts)Normen für Managementsysteme um.
In der EG-Verordnung 1221/2009 (EMAS) i.V.m. EG-Verordnung 2017/1505 (Anpassung der EMAS-Verordnung an die ISO 14001:2015) wird in Anhang I im Abschnitt 4.2 verlangt, dass ein Unternehmen (Organisation) auch die indirekten Umweltaspekte "Umweltleistung und -verhalten von Auftragnehmern, Unterauftragnehmern, Lieferanten und Unterlieferanten" zu berücksichtigen und zu bewerten hat.
Die Norm DIN ISO 14004 hat zwar nur einen rein empfehlenden Charakter - und ist deshalb auch nicht zertifizierungsfähig -, zielt jedoch mit dem Abschnitt 6.1.2.3 (Bestimmung der Umweltaspekte) in die gleiche Richtung. Hier wird folgendes ausgesagt: "Die Organisation sollte die Auswirkungen auf die eigene Umweltleistung beachten, die u.a. durch Tätigkeiten, externer Anbietern, einschließlich Auftragnehmern oder Unterauftragnehmern“ ausgeübt werden. Auch in Abschnitt 8.1.2 (Ermittlung der Notwendigkeit von betrieblichen Steuerungen) wird darauf hingewiesen, dass eine Organisation auch betrachten soll, wie sich externe Dienstleister und ausgegliederte Prozesse auf ihre Fähigkeit auswirken können, ihre Umweltaspekte zu steuern und bindende Verpflichtungen zu erfüllen.
Auch die Qualitätsnorm DIN EN ISO 9001:2015 drückt in Abschnitt 8.4.1 unter der Überschrift "Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen" folgende Forderung aus: "Die Organisation muss Steuerungsmaßnahmen bestimmen, die für extern bereitgestellte Prozesse, Produkte und Dienstleistungen durchzuführen sind."
Es ist deshalb sinnvoll, schon vor dem Vertragsabschluss durch eine entsprechende Auswahl der Vertragspartner solche zu bevorzugen, die im Sinne des betrieblichen Umweltschutzes und der Arbeitssicherheit einen hohen Standard bieten. Dies sind vor allem Unternehmen, die nach mindestens einer der folgenden Normen zertifiziert sind:
- Umweltschutz - Verordnung (EG) 1221/2009 (EMAS), ISO 14001
- (Arbeits-)Sicherheit - SCC, OHSAS 18001 / ISO 45001
- Qualität - ISO 9001 (optional)
Insbesondere Klein- und Kleinstunternehmen können aber derartige Zertifikate nur sehr selten vorweisen. Umso mehr gilt es in diesen Fällen, Fremdfirmen dieser Kategorie durch eine Betriebsordnung in die Pflicht zu nehmen. Die Betriebsordnung sollte deshalb Bestandteil der Vereinbarungen zur Auftragsvergabe bzw. eines Rahmenvertrages sein.
Die Betriebsordnung für Fremdfirmen sollte allgemeine Informationen über den betrieblichen Umweltschutz und die Arbeits- bzw. Anlagensicherheit bereitstellen. Die Informationen betreffen speziell
- Telefonnummern für Notfälle - intern (Betriebsleitung, Sicherheitsfachkraft, Sicherheitsbeauftragte, Betriebsarzt, Umweltschutzbeauftragter, Ersthelfer, Werksfeuerwehr) - extern (Feuerwehr, Krankenwagen, Notarzt, Polizei)
- Angaben zur Notfallplanung im Unternehmen (Alarmplan, Brandschutzordnung, Flucht- und Rettungswegeplan, Alarmgebung)
- Brandschutzeinrichtungen (Rauchmelder, Feuermelder, Feuermeldeschleifen, Feuerlöscher)
- Energieversorgung (Strom mit Angaben der anliegenden Spannung und Stromstärke)
- Verlauf der Leitungen von Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Dampf, Druckluft etc.
- Umgang mit Gefahrstoffen, insbesondere wassergefährdende und brennbare Stoffe
- Anfall, Trennung und Entsorgung von Abfällen
- Benutzung von betriebseigenen Geräten und Einrichtungen (Krananlagen, Flurförderfahrzeuge)
- Beschäftigung von Personal und Unterauftragnehmer
- Benutzung persönlicher Schutzausrüstung (Schutzhelm, Schutzbrillen, Schutzhandschuhe, Sicherheitsschuhe etc.)
- Verbote (Rauchen, Alkohol, Drogen)
- Verbot des Gebrauchs von Handys (z.B. in explosionsgefährdenden Betriebsbereichen)
- Fotografier- und Filmverbot
- Datenschutz
Um die Betriebsordnung zu einem gelenkten Dokument zu machen (mitgeltende Unterlagen), empfiehlt es sich, auch eine Verfahrens- bzw. Prozessanweisung zum Umgang mit Fremdfirmen auf dem Betriebsgelände zu verfassen. In dieser Verfahrensanweisung sollten betriebsinterne Verantwortlichkeiten (Betriebsleitung, Materialwirtschaft/Beschaffung/Einkauf, Sicherheitsfachkraft, Umweltschutzbeauftragter, Instandhaltung, Werksschutz etc.) für folgende Aufgaben geregelt werden:
- Festlegung der Auswahl- und Bewertungskriterien für Fremdfirmen
- Auswahl der Fremdfirmen
- Vertragsgestaltung mit Fremdfirmen
- Übergabe der Betriebsordnung für Fremdfirmen bei Vertragsabschluss
- Durchführung von Ad-hoc-Gefährdungsbeurteilungen
- Koordination und Überwachung der Auftragsarbeiten
- Erteilen von Genehmigungen, z.B. für Heißarbeiten, für den Einsatz von Gefahrstoffen, für das Arbeiten in engen Räumen
- Abnahme der Arbeiten
- Bewertung der Arbeiten
Neben den Mitarbeitern von Fremdfirmen können Besucher (z.B. Vertreter von Behörden, IHK, Berufsgenossenschaften, Berater) durch falsches Verhalten ein Sicherheitsrisiko darstellen. Deshalb müssen diese vor und während ihres Aufenthalts auf dem Werksgelände mit den geltenden Regeln und Vorschriften sowie den Risiken vertraut gemacht werden. Die oben genannte Verfahrensanweisung sollte deshalb auch sicherstellen, dass Besucher über die Belange des Umweltschutzes und der Sicherheit im Werk unterrichtet und eingewiesen werden. Hierzu kann ein einfaches Merkblatt für Besucher erstellt werden.
Dieses Merkblatt sollte bei der Anmeldung (z.B. Pforte, Zentrale) vorliegen und dem Besucher ausgehändigt werden. Festlegungen, die das Besuchermerkblatt beschreibt, können sein:
- Benutzung eines Besucherausweises
- Abholung durch Kontaktperson (Auftraggeber, Koordinator) des Unternehmens
- Benutzung des Autos auf dem Werksgelände (Befahren bestimmter (markierter) Wege, Geschwindigkeitsbeschränkung)
- Benutzung bestimmter (markierter) Fußwege
- Verbot des Aufenthalts in bestimmten Betriebsbereichen
- Rauchverbot in bestimmten Betriebsbereichen
- Verbot des Gebrauchs von Handys in explosionsgefährdenden Bereichen
- Hinweis auf regen Gabelstaplerverkehr (und sonstiger Gefahren)
- Hinweis auf den Datenschutz und Übergabe des Anhangs 2 der Betriebsordnung für Fremdfirmen (Erklärung zur Geheimhaltung)
- Hinweis auf das Fotografierverbot (Smartphone !!)
- Benutzung der Kantine
- Verbot des Aufenthalts von Kindern